Kalifornien, die 2.

Sommer 97, Marek fliegt zurück nach Newport Beach und beginnt zu arbeiten. Silke arbeitet derweilen weiter in Frankfurt und besucht ihn endlich im November für 3 Wochen. Die Jobsuche ist schwierig. Erst am letzten Tag ihres Besuchs hat sie das entscheidende Interview bei einer Reiseagentur in Los Angeles. Zurück in Deutschland dann die ersehnte Zusage. Ihr und Mareks Job werden damit etwa 40 Meilen von einander entfernt sein, aber das ist allemal besser als auf 2 Kontinenten zu leben. Jetzt heißt es auch für Silke wieder Zelte abreißen, Job kündigen, sich von Freunden verabschieden. Ihren Umzug macht sie zum Teil in Koffern, die sie Freunden und Bekannten, die Kalifornien besuchen, 'unterjubelt' (Marek hatte es da leichter, ihm wurde der Umzug von seiner Firma bezahlt). In Kalifornien Wohnungssuche. Marek ist in einer sehr netten WG in der picobello Stadt Irvine (Werbeplakate und Wäscheaufhängen verboten, Trockner Pflicht, zum Wohle des Stadtbildes) untergekommen und wohnt mit den beiden Amerikanern Carey und Greg zusammen, in einem schicken Reihenhaus in einer typisch kalifornischen Wohnanlage mit Pool, Jacuzzi, Grillplatz, Magnolien, Eukalyptus und anderen schönen Pflanzen. Silke findet ein Zimmer in einer WG in einem typischen Strandhaus in Hermosa Beach ('hermosa': span. schön). 200 Meter zum Sand, riesen Sonnenterasse mit Pazifikblick, Klasse bis auf die distanzierten und manchmal nervige Mitbewohner.

Das nächste Jahr ist geprägt von gegenseitigen Besuchen während der Woche, vielen neuen Freunden und sehr vielen gemeinsamen Ausflügen an den Wochenenden. Bei Allen in seiner Einsiedlerhütte feiern sie manche schöne Party. In seinem Tiefkühlfach scheint es für diesen Zweck immer mindestens 100 Hamburger zu geben. Auf die Parties der anderen kommt er stets mit einem Riesenbecher Diet Coke in der einen und einer Kühlbox, so groß daß man sie gerade noch schleppen kann voll Bier in der anderen. Keith 'Rumpelmeier' begleitet Marek auf Schneeschuhen mit Zelt im Yosemite Nationalpark und begeistert ihn im Gegenzug für Felsklettern. Bei 'the beautiful Silke' ist er dank seines Charmes nicht minder beliebt. Davorin ist ein Rabauke und genauso vom Klettern begeistert. Macht sich besonders gut in seinem schwarzen Off-Road Chevy, irgendwo vor einem Felsen in der Wüste. 'Bernie' lernen sie erst ziemlich spät kennen, unternehmen dann aber um so mehr mit ihm. Für ihn sicher auch toll, vorher hat er nicht besonders viel unternommen. Er ist einer der vielen Ausländer, die dem Reiz von CA endgültig verfallen. Nach einem kurzen Intermezzo in München wird er später Beatriz, eine Mexikanerin heiraten und wohl auf immer nach CA übersiedeln (und das obwohl er eigentlich sehr verbunden mit seiner Familie in Deutschland und durchaus Amerika-kritisch ist). Frank aus dem Bay Area haben sie über Philipp und Mareks Firma kennengelernt. Er segelt sie kotzig und bietet ihnen mehr als einmal eine gemütliche Unterkunft. Mareks Mitbewohner Mr. Bodybuilder Greg fährt regelmäßig Rad und ein paar Mal kommt Marek auf einen Bike Ride mit. Gregs Gedanken drehen sich ständig um zwei Themen: ob er seinen Job kündigen soll oder nicht, und wieviele Muskeln er noch ansetzten muß, bis sich die Frauen für ihn interessieren. Careys Hauptaugenmerk liegt darauf, wie sie ihren Freund dazu bekommt, deutlich mehr Commitment zu zeigen, was äquivalent zu sein scheint mit heiraten. Nach einer zeitweiligen, dramagespickten Trennung hält Jeremy tatsächlich um ihre Hand an, und nachdem auch der Verlobungsring Careys kritischem Urteil standgehalten hat ('Unter einem Karat braucht er mir gar nicht zu kommen!') wird glücklich Hochzeit gefeiert. Darüber hinaus ist Carey aber echt gut drauf. Silke und Marek wohnen noch einer weiteren Hochzeit bei, die von Goga und Dejan in Las Vegas, morgens um eins, dazu sind sie extra nach der Arbeit eingeflogen, machen die Nacht durch und fliegen frühmorgens wieder zurück, sie nach L.A. und er nach O.C. und es war total Klasse.

Mit ihren ersten Freunden Joe und Chris werden weiterhin Sachen unternommen wenn sie da sind, aber meistens sind sie in Deutschland und kümmern sich dort um ihre neue Firma. Sabine wird Silkes Busenfreundin (und ist es auch heute noch). Mindestens einmal pro Woche veranstalten sie einen Mädelabend mit M&Ms, Chick-Flicks und den dadurch notwendigen Bergen von Tempos. Besonders gut in Erinnerung ist mir ein Wochenendausflug mit Silke, Sabine und Bernie ins Death Valley geblieben. Neben den üblichen Vistas wie Dante's View, Zabriskie Point, Badwater etc. erkunden sie einige ihnen bis dahin unbekannte, abgelegene Canyons. Pennen im Zelt, Grillen, nachts Coyoten, sehr gemütlich. Auf der Rückfahrt beginnt Silkes Ford seltsame Geräusche zu machen, als Grund stellte sich später heraus, daß der Mechaniker bei einer Motorüberholung vergessen hat, eine Schraube anzuziehen. Der Garagenbesitzer entschuldigt sich und feuert den Mechaniker, wahrscheinlich hatte er mehr als einmal gepfuscht und da wird in den USA nicht lange gefackelt.

Marek entdeckt in Costa Mesa den Theatre District, wo Mario jeden Dienstag Abend eine wunderbare Class gibt, frei nach Maria Callases Ausspruch 'Die Stimme ist nicht genug' und dem Motto 'All of theatre is music and dance.' Zum Filmstar entwickelt sich Marek dort zwar leider nicht, aber er lernt einige liebe Leute kennen, insbesondere Gila, die programmierende Dame aus Israel. Die Aufführungen im Theater District werden fortan zum festen Bestandteil von Silkes und Mareks kulturellem Programm. Zu diesem gehören neben Aufführungen in anderen der zahllosen kleinen Spielorte in L.A. auch große Shows wie Rent, Stomp, Konzerte von Lionel Ritchie, Phil Collins oder dem L.A. symphony orchestra. Silke und Sabine lauern bei Oscar Verleihung gerne auf Stars und versuchen ihr Pirschglück außerdem in diversen In-Kneipen. Mareks Kommentar dazu: So you are Brad Pitt. That don't impress me much ..., aber L.A. Kneipen mögen beide.

Außerdem bekommen sie natürlich Besuch von ihren Familien und fast jedem ihrer Freunde aus Deutschland. Silkes Schwester Iris mit Mann Michael lassen es sich 2 Wochen bei uns gut gehen (1-Dollar China-Imbiss!). Besonders amüsant war das Knacken ihres Mietwagens am Ostersonntag an einem Aussichtspunkt im Joshua Tree Nationalpark unter Mitwirken eines internationalen 'Experten'-Teams. Mit Mati machen sie eine Tagestour in die Wüste, um ein Sanddüne zu besteigen und wieder runterzurennen. Vorher gönnen sie sich die obligatorischen Pancakes und Bottomless Coffee am Summit Inn, und am Abend sind dann so 700 neue Meilen auf dem Tacho. Silkes Eltern kommen zu Besuch, und Silke macht mit ihnen eine große Kalifornien Rundtour, den HWY 1 nach San Francisco, danach ins Nappa Valley zu den leckeren Weinen. Da Marek dort noch nicht gewesen ist fliegt er für ein Wochenende hin (mehr geben seine spärlichen Urlaubstage nicht her). Den leckeren 97' Jahrgang 'Villa Mount Eden', den Joe, Chris und Marek so gerne getrunken haben, gibt es leider nicht mehr, aber die eine und andere nette Flasche finden sie dann natürlich trotzdem.

Danach fährt Silke mit Familie weiter nach Las Vegas wo Silke alle mit einem Hubschrauberflug in den Grand Canyon überrascht. Das sind so die kleinen Vorteile die man als Travel-agent genießt. Später kommen Mareks Eltern, vor allem zum Wandern. Da L.A. neben tollen Stränden auch tolle Berge zu bieten hat, brauchen Marek und sie auch gar nicht weit zu fahren, und stehen bald auf den Gipfeln der 3000-er (Meter) Mt. Baldy und San Gorgonio. Sogar mit Mareks Honda DelSol haben sich seine Eltern vertragen. Beim Thema Wandern muß auch nochmals Nicks Besuch erwähnt werden, auch wenn der schon während ihrer ersten OC Zeit stattgefunden hatte. Marek und Nick fuhren den V-Heck Ford bis zum Grand Canyon, und stiegen hinab und wieder hinauf, allerdings ohne Permit, deshalb schlafen im Schlafsack unterm Sternenhimmel und unter dem Schweif von Hale Bopp. War herrlich und auch warm genug. Und die Moral von der Geschicht, kaufe rote Zelte nicht, auch dann nicht wenn sie bei Target nur 30 Dollar kosten. Jedenfalls nicht wenn du sie in einem baumlosen, prächtig einsehbaren Canyon ohne Erlaubnis benutzten willst.